Weshalb Denken auf Fühlen angewiesen ist

„Ich denke, also bin ich“ ist seit über fünfhundert Jahren das Credo einer Welt, in der die Vernunft und die rationale ?berprüfbarkeit von Argumenten zulasten der Gefühle eine wichtige Rolle spielen. Denkt man „vernünftig“, ist es nach dem neuesten Stand des Wissens jedoch wichtig, Gefühle als Faktor des Denkens bewusster zu integrieren. Aus neurobiologischer Warte sind wir n?mlich nicht in erster Linie rationale, sondern vor allem fühlende Wesen.

„Ich fühle, also bin ich“ drückt zugespitzt aus, wie der K?rper jederzeit mit dem Gehirn interagiert und Entscheidungen beeinflusst. In der Neurobiologie spricht man in diesem Zusammenhang von „verk?rperter Kommunikation“ bzw. von embodied communication. Müssen wir aus diesem Grund der Rationalit?t ade sagen? Natürlich nicht. Es ist jedoch notwendig, genauer auf das Fühlen und die Verbindung zwischen Fühlen und Denken zu schauen.

Der Sprachgebrauch in Sachen Gefühl ist leider sehr uneinheitlich. NLP-Anwender arbeiten daher vereinfachend mit dem Oberbegriff Kin?sthetik, zu dem die Haptik, also der Tastsinn, der Gleichgewichtssinn sowie das innere und ?u?ere Fühlen von Reizen geh?ren. Die zusammenfassenden Bewertungen von K?rpergefühlen, die Emotionen wie zum Beispiel Wut oder Trauer, werden ebenfalls zur Kin?sthetik gez?hlt. Kin?sthetik in diesem umfassenden Sinne beeinflusst über emotionale Erregungszust?nde im K?rper und Gehirn die Produktion von Neuromodulatoren.

Ohne Gefühle gibt es daher keine „Bewegung“ im Gehirn, selbst wenn Sachlichkeit zur obersten Pr?misse eines Denkenden geh?rt. Gefühle sind an jedem Denkvorgang beteiligt. Sie entscheiden über die „Wertigkeit“ eines Gedankens und spiegeln durch diesen schnellen Bewertungsvorgang das gespeicherte K?rperwissen eines Menschen wider. Kann sich ein K?rper bzw. seine Intuition bei diesem Vorgang irren? Ja, denn der pers?nliche Erfahrungsschatz reicht nicht immer dafür aus, eine angemessene Einsch?tzung jeder Situation vorzunehmen.

Hinzu kommt ein weiteres Problem, das eigentlich erst durch unsere Denkf?higkeit verursacht wird. Anstatt achtsam die Signale des K?rpers wahrzunehmen, bewegen wir uns manchmal in geistigen Schleifen. Wir reagieren dann auf die Emotionen, die wir durch Gedanken verursacht haben, anstelle auf die Gefühle, die durch unmittelbare Erfahrung wahrnehmbar sind. Zu beobachten ist dieses Ph?nomen zum Beispiel, wenn wir einen „Katastrophengedanken“ haben und uns immer weiter in ein Dilemma hineinfühlen, das letztendlich nur im Kopf existiert.

Vernünftiges Denken setzt eine gute Kommunikation zwischen Denken und Gefühlen voraus. Wer achtsam für seine Gedanken und Gefühle ist, kann seine Intuition nutzen und zugleich zu Schlussfolgerungen kommen, die rational tragf?hig sind. Die gute Kommunikation beider Gehirnh?lften ist der Schlüssel, um Denken und Fühlen miteinander zu vers?hnen.